Es ist weit und breit bekannt, dass die Regierungen aller Herren Länder Probleme damit haben, Steuern von Google einzutreiben. Doch das bayrische Finanzamt glaubt, eine Lösung gefunden zu haben: Die Steuern sollen von kleinen und mittelständischen Unternehmen vorgeschossen werden, die den Verlust dann selbst von Google zurückerlangen sollen.
Google, der SteuersĂĽnder
Die niedrigen Unternehmenssteuern sind der Grund, aus dem Google seinen EU-Firmensitz in Irland etablierte. Was gut für das Unternehmen ist, stellt jedoch viele andere europäische Regierungen vor ein Problem: Google zahlt in ihren Ländern nämlich keine Steuern, obwohl es dort Millionen- oder sogar Milliardengewinne erwirtschaftet.
Seit Jahren wird nun beratschlagt, wie dieses Problem gelöst werden kann. Immer wieder werden Digitalsteuern vorgeschlagen und als nicht praktikabel befunden und verworfen. Finanzbeamte des Freistaates Bayern meinen nun jedoch, sie hätten die Lösung für dieses Problem gefunden: Sie verlangen die Steuern nicht von Google selbst, sondern erheben auf die vom Internetriesen erwirtschafteten Gewinne eine 15-prozentige Quellsteuer – die die Geschäftspartner bezahlen sollen.
KMUs als Steuereintreiber – funktioniert das?
Ursprünglich war die Quellsteuer für ein komplett anderes Feld gedacht. Sie richtete sich an Musiker, die in Deutschland keine Steuern zahlten. Die Lösung: Die Konzertveranstalter streckten die Steuern vor und trieben sie anschließend von den Musikern ein. So weit so gut. Das Problem ist natürlich, dass in dieser Situation vorher niemandem klar war, dass diese Steuer anfallen könnte – und dass Google nicht so schnell klein beigeben wird. Die Chancen, dass kleine und mittelständische Unternehmen vom Digitalgiganten Steuern eintreiben können, wenn Regierungen es schon nicht schaffen, sind unterirdisch.
Experten sind sehr alarmiert von dieser Entwicklung. Es wird als Unrecht empfunden, dass inländische Unternehmen für etwas zahlen müssen, das für sie gar keinen Gewinn darstellt – schließlich bezahlt das KMU Google dafür, seine Services nutzen zu können und beispielsweise Google AdWords Anzeigen zu schalten. Doch selbst, wenn Google ihnen diese Auslage irgendwann zurückzahlen würde, wäre die finanzielle Bürde für einige Unternehmen zu groß. Denn die Beträge, die das bayrische Finanzamt einfordert, sind teilweise in Millionenhöhe.
Der Fall Schönberger: Ein Beispiel
Das ZDF führt den Fall der Firma Schönberger an, die letztes Jahr erst als eines der 50 besten bayrischen Unternehmen gekürt wurde. Nun muss sie mit einer Steuernachzahlung von zwei bis vier Millionen Euro rechnen. Eine Zahlung wie diese könnte viele KMUs in den Ruin treiben, die Firma Schönberger ist da nicht allein. Da diese Besteuerung nicht erwartet wurde, bestehen natürlich auch keine ausreichenden Rücklagen, auf die zurückgegriffen werden könnte.
Startups sind besonders häufig betroffen
Was dieses Problem fast noch schlimmer macht, ist, dass sich unter den Unternehmen, die in Bayern von diesen Steuernachzahlungen betroffen sind, viele Startups befinden. Da diese von technikaffineren Menschen geleitet werden, die das Potential von Online Marketing verstehen und nutzen, ist es viel wahrscheinlicher, dass sie Googles Services in Anspruch genommen haben – und damit jetzt im Auge des bayrischen Finanzamtes Steuern schuldig sind.
Der Steuerbescheid darf nicht ignoriert werden
Zwar müssen die Beträge nicht sofort gezahlt werden, da die Steuerbescheide von der bayrischen Finanzverwaltung derzeit noch „offengehalten“ werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Bedrohung nicht schon jetzt real ist. Wer die Steuer zu lange ignoriert, könnte sich der Insolvenzverschleppung schuldig machen und somit eventuell sogar zu Zeit im Gefängnis verurteilt werden.
Abwarten: Die Debatte ist noch nicht vorbei
Zuerst einmal gilt es jedoch, ruhig zu bleiben. Es ist noch nicht klar, ob die Übertragung des Konzeptes der Quellensteuer auf die digitale Welt überhaupt rechtens ist. Dazu kommt, dass oft Jahre an Nachzahlungen von Steuern erwartet werden, die von den Unternehmern zu keinem Zeitpunkt erwartet wurden. Wenn also der bayrischen Regierung, die nach eigenem Bekunden sehr stolz auf kleine und mittelständische Unternehmen ist und sie schützen möchte, klar wird, dass sie ihrer eigenen Finanz- und Unternehmenswelt irreparablen Schaden zufügt, könnte sich noch einiges ändern.
Des Weiteren sind solche Steuerbescheide erst in Bayern ausgestellt worden. Die Behörden anderer Länder werden sich dieser Initiative nicht unbedingt anschließen. In Niedersachsen oder Hamburg als Kleinunternehmer jetzt schon in Panik zu verfallen, lohnt sich also nicht. Sie können auf Ihre Suchmaschinenwerbung weiterhin vertrauen und aus ihr profitieren.
Was sich noch als wichtig herausstellen wird, ist der Fakt, dass zwischen Irland und Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Umsätze, besagt diese Regelung, dürfen nur einmal besteuert werden. Es kann also sein, dass Google die Beträge, die es an die KMUs auszahlen muss, einfach von der deutschen Regierung zurückverlangen kann. Dies würde bedeuten, dass der deutsche Fiskus viel Zeit und Geld investiert und am Ende keinen Gewinn daraus ziehen kann. Es ist also zu bezweifeln, ob dieses Projekt fortgeführt wird.